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„Der Arbeitsort muss heute neu gedacht werden“

Interview mit falkemedia-Unternehmensgründer Kassian Alexander Goukassian zum Leuchturmprojekt Green Campus.









Die Arbeitswelt befindet sich im Umbruch: Akute Themen wie der nötige Anspruch an Nachhaltigkeit und Gesundheit gehen Hand in Hand mit dem Einzug des Homeoffice-Arbeiten durch Corona. Unternehmensgründer Kassian Alexander Goukassian hat gemeinsam mit dem Input seiner Mitarbeitenden ein zukunftsweisendes Arbeitsumfeld geschaffen, das eine mögliche Antwort auf die Ansprüche von morgen sein könnte.



Der Green Campus klingt nach einem Ort, an dem der Begriff Work-Life-Balance neu gedacht wird?


Bei falkemedia haben wir eine neue Perspektive auf das für mich beinahe abgenutzte Konzept der Work-Life-Balance entwickelt: Es geht uns nicht um eine einfache Balance zwischen Arbeit und Freizeit, sondern um eine tiefere Integration beider Aspekte in unserem täglichen Leben und über den Tag verteilt. Die Pandemie hat uns gezeigt, wie wichtig Flexibilität und Anpassungsfähigkeit sind, und dass heute – mindestens bei Wissens- und Büro-Jobs – anders gearbeitet werden kann, als acht Stunden am Tag am selben Tisch zu sitzen.

Es hat sich gezeigt, dass unsere Mitarbeiter*innen ihre Aufgaben nicht routinemäßig von morgens bis abends erledigen, sondern sich in einem dynamischen Umfeld zwischen verschiedenen Aufgaben und Teams bewegen. Daher haben wir bei falkemedia einen Campus geschaffen, der nicht nur ein Ort für konzentrierte Schreibtischarbeit inklusive Teeküche und Konferenzraum ist, sondern auch vielfältiger Raum für Begegnung, Austausch kreativer Prozesse und die Produktion von Social-Media-Inhalten. Wir glauben, dass es für Spitzenleistungen notwendig ist, Mikroauszeiten zu haben, wann immer sie benötigt werden.



Wie wird auf dem Green Campus auf die mentale und körperliche Gesundheit der Mitarbeiter*innen geachtet? Welche Angebote oder Initiativen stehen im Fokus?


Unser Green Campus ist ein ganzheitliches Konzept, das weit über die klassischen Bürostrukturen hinausgeht. Wir haben hohe Decken und weitläufige Bereiche geschaffen, die ein Gefühl der Freiheit vermitteln. Eine großartige Südwestausrichtung und etliche große Fenster sorgen für eine stetige, durchdringende Lichtdurchflutung.

Aber stolz bin ich auf die umfassende Integration des Außenbereichs, der als gleichwertiger Arbeits- und Regenerationsort dient. Unsere Mitarbeiter*innen können sich in der Nähe von Insektenwiesen, Obststräuchern oder Kräuterbeeten erholen, was nachweislich ihre Gesundheit stärkt. Oder aber draußen in den Pavillons und Hütten arbeiten, wenn es ihnen dort guttut, produktiv zu sein. Zusätzlich bieten wir regelmäßige Gesundheitsprogramme an, die von gesundem Sitzen über Stress- und Resilienztrainings reichen bis hin zum Beachvolleyball-Feld mit Ostsee-Sand, das nach Feierabend zur Bewegung einlädt.



„Wir definieren Work-Life-Integration neu – für eine Arbeitswelt, die sich den gegenwärtigen Bedürfnissen von Mensch und Natur anpasst.“


Inwiefern ist der falkemedia Green Campus als wegweisend für eine neue Art von Arbeitswelt konzipiert?


Als wir mit der Planung begannen, war es nicht unser Ziel, wegweisend zu sein. Doch im Laufe der Zeit haben wir bemerkt, dass unser Ansatz, alles Bisherige zu hinterfragen, keine Blaupause zu wählen, wohl aber unsere Teams in die Entwicklung einzubeziehen, großes Interesse geweckt hat. Wir haben einen Fokus auf Nachhaltigkeit und die Gesundheit der Menschen gelegt und dies in den Kontext moderner Büro- arbeitswelten eingebettet. Dies scheint in der Tat selten zu sein und hat dazu geführt, dass unser Arbeitsumfeld kaum noch Ähnlichkeiten mit dem der Vergangenheit aufweist.



Nachhaltigkeit und Umweltverträglichkeit sind Kernaspekte des Green Campus. Welche Maßnahmen minimieren seinen ökologischen Fußabdruck?


Die Nachhaltigkeit des Green Campus zeigt sich in einer Vielzahl von Maßnahmen: Trotz hoher Holzpreise haben wir uns seinerzeit bewusst für diesen nachwachsenden Rohstoff entschieden, der im Gegensatz zu Beton oder Stahl half, bis zu 150 Tonnen CO einzusparen. Das Dach wird von einer riesigen Photovoltaikanlage geschmückt, die um einen Speicher ergänzt wurde, was uns eine Autarkie von bis zu 70 Prozent ermöglicht – sofern das norddeutsche Wetter mitspielt. Die Differenz an Strombedarf beziehen wir natürlich als Ökostrom. Zusätzlich nutzen wir ein als Teich und Biotop angelegtes Regenwasserrückhaltebecken, um unsere Grünflächen zu bewässern. Sämtliche Baustoffe wurden in einer möglichst sparsamen Variante gewählt, bei der Auswahl der Materialien haben wir darauf geachtet, dass möglichst viele nachhaltig und fair produziert wurden. Selbst bei scheinbar kleinen Details wie dem Klebstoff für Fliesen haben wir auf umweltfreundliche Alternativen gesetzt. Gleichwohl haben wir hier noch einen weiten Weg vor uns, Lücken zu schließen. Einiges war schlicht nicht nachhaltig verfügbar oder für uns finanzierbar.



„Die Realisierung eines so ambitionierten Projekts war eine Herausforderung, die ich komplett unterschätzt hatte.“


Hat das geschmerzt oder genervt?


Nein! Ich bin in jeglicher Hinsicht gegen radikale Haltungen, das gilt auch für das Thema Nachhaltigkeit. Egal ob fünf vor oder nach zwölf, das ist sicherlich eine lange Diskussion. Ich bin aber davon überzeugt: Wenn man die breite Masse der Menschen für ein bewusstes Denken gewinnen und sich nicht nur in seiner intellektuellen Blase selbst beweihräuchern möchte, muss man so handeln und so kommunizieren, dass man die Menschen nicht abhängt.

Lieber sind – ganz nach Pareto – die entscheidenden 20 Prozent möglichst nachhaltig und wir inspirieren Hunderte, gar Tausende Menschen, als dass wir mit erhobenem Zeigefinger verkrampft handeln und kommunizieren. Um auf die Frage zurückzukommen: Ich kann uns die so entstandenen Lücken in der Perfektion sehr gut verzeihen.



Ein solches Vorhaben ist komplex. Welche Herausforderungen gab es bei diesem zukunfsweisenden Projekt zu überwinden?


Die Realisierung eines so ambitionierten Projekts wie der des Green Campus war eine Herausforderung, die ich komplett unterschätzt hatte. Schon das Gebäude ist rund 15-mal größer als ein Standard-Einfamilienhaus, hinzu kommt der riesige Außenbereich und der Anspruch, vieles anders zu lösen und somit auf die Erfahrung anderer wissentlich zu verzichten.

Der nachhaltige Bau ist zudem aufwendiger und teurer, da wir auf jedes Gewerk einzeln schauen mussten, um die beste Lösung zu finden. Einer der schmerzhaftesten Momente noch vor Baubeginn war im Januar 2022, als die KfW-Fördermittel über Nacht durch die neue Bundesregierung gestrichen worden waren und wir alles infrage stellen mussten. Und das Wahren des dritten Einzugstermins im November, nach zwei Verschiebungen im Juli und September, erwies sich als herausfordernd. In den letzten 96 Stunden halfen ein Dutzend unserer Mitarbeiter*innen sowie meine eigene Familie beim Aufbauen, Aufräumen, Boden verlegen etc.. Als Team haben wir in kurzer Zeit über 800 Stunden Arbeit geleistet – das war die erste große Teambuilding-Maßnahme noch vor Eröffnung.



„Wir sehen die Aufgabe eines modernen Arbeitsortes darin, Menschen zu vernetzen.“


Welche technologischen Innovationen und Lösungen tragen auf dem Green Campus dazu bei, sowohl ökologische Nachhaltigkeit als auch Arbeitsprozesse zu optimieren?


Für uns als Medienhaus hat sich die Kommunikationswelt drastisch geändert. Das gilt aber übrigens auch für jedes Unternehmen, das nach draußen kommunizieren möchte oder muss. Podcasts, Videos für Social Media, YouTube oder die eigene Website, das alles gehört inzwischen zum Alltag der Kommunikation. Doch in den wenigsten Unternehmen ist das räumlich vorgesehen. Man setzt immer noch darauf, mit Videoagenturen zusammenzuarbeiten und macht daraus einen zu komplexen Prozess statt Umfelder zu schaffen, in denen man lediglich ein Smartphone, gutes Licht und ein gutes Mikrofon benötigt, um Botschaften zu senden oder Content zu kreieren. Neben unseren zwei großen Filmstudios haben wir auch ein Podcaststudio und ein kleines Filmstudio. Dieses bietet mit einem Klick alles, was man benötigt, um auch als ungeübter Mensch hochwertige, repräsentative Aufnahmen zu machen. Künstliche Intelligenz kommt zum Einsatz, um Studio-Umfelder zu variieren und die Tonqualität zu verbessern. Oder gar das passende Skript für das nächste Video zu entwickeln. Als Flip-Chart kommen inzwischen digitale Lösungen zum Einsatz, sodass man gemeinsam vor dem Bildschirm am Ergebnis arbeitet und dieses sofort digital für alle verfügbar macht. Dass wir modernste Technologie wie zum Beispiel Virtual-Reality-Brillen haben, wird da fast schon zur Nebensache.



Wie fördert der Green Campus branchenübergreifende Kreativräume und Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Disziplinen oder Unternehmen?


Wir sehen die Aufgabe eines modernen Arbeitsortes darin, Menschen zu vernetzen. Und darum muss der Arbeitsort auch der Ort der Begegnung werden. Wir haben all unsere Räume und Studios verschiedenen Mottos unterzogen. Sei es nun die Library, in der ich viele Magazine und Bücher zu unseren Fachthemen habe und in Ruhe schmökern kann, der Digital-Experience-Raum mit modernster digitaler Technologie, großartigem Dolby-Surround-Sound sowie Virtual-Reality-Brillen diverser Hersteller*innen oder Begegnungsräume, die Namen wie „Forest“ oder „Ocean“ tragen, in denen man paritätisch im Kreis sitzt, ohne eine systemische Spitze am Kopf der Tafel zu positionieren. Und dann wären da die kleinen Studios für Podcasts und schnelle Videoaufnahmen, die jede*r nach einem kurzen Einführungsvideo, welches man sich per QR-Code anschaut, selbst bedienen kann. Dazu kommen die etlichen Begegnungszonen, in denen wir Veranstaltungen von bis zu dreißig Leuten im Kleinen oder mit über hundertfünfzig im Großen durchführen können. Wir haben jetzt schon so viele Anfragen für diese Räume, dass wir sie natürlich Freund*innen und uns nahestehenden Unternehmen auch zur Verfügung stellen. Ich freue ich mich schon sehr auf das Miteinander auf unserem Green Campus!







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